Recherchiert von Herwig Strauß

Bau und Geschichte der Baron Gautsch

Die Baron Gautsch wurde Anfang 1900 in einer Schiffswerft im schottischen Dundee gebaut, ist ca. 85 m lang, 11,5 m breit und hat inetwa 2100 BRT. Der Stapellauf erfolgte im Jahre 1908. Das Schiff erhielt seinen Namen von Baron Paul Gautsch v. Frankenthurn, dem Innenminister der kaiserlich-königlichen Monarchie. Es wurde im ersten Weltkrieg von deren Kriegsmarine für den Transport von Verstärkungstruppen nach Kotor und für die Evakuierung von Flüchtlingen und Zivilisten eingesetzt. Für diese Fahrten gab es genaue Anweisungen des Militärs über den einzuhaltenden Kurs.

Ein Unglück bahnt sich an

Auf einer dieser Fahrten von Kotor nach Triest, es war im August 1914, kam es zu einer nicht vorgesehenen Wachübergabe vom ersten anden 2. Offizier. Der 1. Offizier zog es vor, mit Passagieren unter Deck zu speisen. So kam es, dass der vom Militär vorgegebene Kurs nicht eingehalten wurde, und die Baron Gautsch trotz einiger Warnungen viel zu nahe an der Küste nordwärts fuhr. Der Kapitän schlief zum Zeitpunkt des Unglücks.

Worte einer Überlebenden

“Der Steward öffnete gerade die Kabinentür, um uns den Kaffee zu servieren, als eine gewaltige Explosion das Schiff erschütterte. Wir alle wurden in die Luft geschleudert, und das Tablett mit dem Kaffeeservice fiel in hohem Bogen zu Boden. Wir liefen aus der Kabine an Deck, und ich erkannte den Kapitän, der in Unterhosen versuchte, Rettungsmaßnahmen einzuleiten. Meine Mutter hatte meinen jüngsten Bruder auf dem Arm. Zum letzen mal sah ich sie an der großen Wendeltreppe am Promenadendeck." (Carmen Rubini-Suttora)

Der Untergang

Die auf eine von der eigenen Marine gelegte Mine gelaufene Baron Gautsch sank Augenzeugenberichten zufolge binnen 5 Minuten - so schnell, dass die meisten Rettungsboote nicht mehr zu Wasser gelassen werden konnten. Die Mine riss ein riesiges Loch in die Bordwand des Schiffes. Ca. 200 Menschen kamen dabei ums Leben, die genaue Zahl wird aufgrund der vielen blinden Passagiere und nicht registrierten Flüchtlinge für immer unbekannt bleiben. Nur etwa 150 Passagiere konnten gerettet werden. In der ausgelösten Panik kamen viele Frauen und Kinder ums Leben, während die Besatzung versuchte, sich in Sicherheit zu bringen. Der schiffsführende 2. Offizier hat Berichten zufolge Selbstmord begangen.

Nach der Katastrophe

Über die Folgen des Untergangs ist nur wenig bekannt, vieles wurde zensuriert oder verheimlicht. Der Kapitän Paul Winter sowie der 1. Offizier wurden angeklagt, was aber keine schwerwiegenden Folgen nach sich zog. Aufgrund von unglücklichen Umständen gingen sehr viele Akten und Beweismaterial über den Untergang verloren.

 

Ernennung zum Kulturdenkmal und Ziel für Sporttaucher

Da die “Baron Gautsch” seit dem Jahr 1995 als Kulturdenkmal gilt, ist sie für Sporttaucher nur über die örtlichen Tauchschulen erreichbar.

Beschreibung des Tauchganges

Das Wrack liegt ca. 8 Seemeilen vor Rovinj, die Ausfahrt dauert je nach Wellengang und Ausgangshafen zwischen 30 min und 1,5 Stunden. Bei einigen meiner Ausfahren hatte ich das Glück, Delfine zu sehen! Nur mittels GPS kann die kleine Markierungsboje gefunden werden, für Peilungen ist das Festland zu weit entfernt - oft ist es nur mehr ganz schemenhaft im Dunst zu erkennen. Bei guter Sicht kann man das Wrack bereits ab einer Tiefe von 5 m erkennen, es liegt aufrecht auf dem 40 m tiefen Sandgrund und ragt mit bis in eine Tiefe von etwa 25 m empor. Es ist im Laufe der Jahrzehnte wie ein Riff mit Muscheln, Schwämmen, Seescheiden, Moostierchen und Algen bewachsen und bietet vielen Fischen einen Versteck- und Laichgrund. Besonders beeindruckend sind die riesigen Sardinenschwärme, so etwas sieht man im Mittelmeer sonst kaum wo. Das Schiff ist noch relativ gut erhalten, lediglich die Holzböden der 3 Decks sind verschwunden, was dem Taucher jedoch zugute kommt, kann er doch so fast jederzeit das Wrack nach oben verlassen. Aufgrund der Größe und der Tiefe des Wracks findet man immer wieder etwas Neues und Interessantes, mit etwas Glück sieht man auch den einen oder anderen Conger in einer Luke.
Über das Oberdeck gespannte Fischernetze verraten, dass sich Fischer immer wieder zu nahe an das Wrack gewagt haben.

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Fotogalerie Baron Gautsch